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Am Mon­tag, dem 19. April 1920 trat in der Gast­wirt­schaft „Zum Gol­de­nen Lö­wen", heu­te „Tai's Bis­tro“, Lan­ge Stra­ße 89, da­mals Nr. 37, ei­ne Grup­pe zu­sam­men, wel­che die heu­ti­ge Kol­pings­fa­mi­lie in Han­no­versch Mün­den ge­grün­det hat.

Ein­ge­la­den hat­ten Ro­bert Ritt­mei­er, Karl Mar­tin und Mar­tin Arand. Es ka­men 13 In­te­res­sier­te; es wur­de die Grün­dung vom Ve­rein be­schlos­sen, der er­ste Vor­stand ge­wählt und durch ei­ne Samm­lung am Schluss des Abends das Start­ka­pi­tal von 23 Mark zu­sam­men­ge­tra­gen.

Es wuchs bald der Wunsch nach ei­nem ei­ge­nen Ver­eins­lo­kal, ein „Kol­ping­haus“, wo durch­rei­sen­de Ge­sel­len über­nach­ten konn­ten und vor al­lem: Hier soll­ten sich die Kol­pings­brü­der re­gel­mä­ßig tref­fen.

Im Fe­bru­ar 1924 war es so weit. In der Ge­ne­ral­ver­samm­lung vom 26. Fe­bru­ar 1924 wur­de be­kannt ge­ge­ben, dass der Vor­stand ein Haus ge­kauft hat­te. Of­fen­sicht­lich han­del­te es sich um ein Schnäpp­chen, wo­bei der Vor­stand schnell zu­ge­schla­gen hat­te, dann aber auch in die­ser Ver­samm­lung die Ver­trau­ens­frage stel­len muss­te. Die­se wur­de dem Vor­stand ein­stim­mig ge­währt.

Das Lo­kal, das ge­kauft wur­de, war der da­mals so­ge­nann­te „Ber­li­ner Hof“, bis da­hin im Be­sitz von Fa­bri­kant W. Schrö­der. Be­zo­gen wur­de das Lo­kal am 25. Sep­tem­ber 1924, nach­dem es in der Ver­samm­lung vom 11. Sep­tem­ber 1924 in „Con­cor­dia“ um­ge­tauft wur­de. Die­ser Na­me war ein Vor­schlag des da­ma­li­gen Prä­ses, dem Herrn Pfar­rer En­gel­hardt, und wur­de von der Ver­samm­lung an­ge­nom­men.

Das Lo­kal be­fand sich an der Ecke der „Con­cor­dia“-Kreu­zung auf dem jet­zi­gen Park­platz ne­ben dem Was­ser-Schiff­fahrts­amt. So­mit stam­mt die Na­mens­ge­bung die­ser Kreu­zung ei­gent­lich von dem da­ma­li­gen ka­tho­li­schen Pfar­rer in Han­no­versch Mün­den . . .

In der An­fangs­zeit wur­de von je­der Ver­samm­lung pe­ni­bel Pro­to­koll ge­führt. Pro­to­koll­buch III (ab Ok­to­ber 1930) fehlt. Laut No­tiz auf der letz­ten Sei­te von Pro­to­koll­buch II wur­de Nr. III bei der Macht­über­nah­me 1933 ver­nich­tet. In der Zeit von 1931 bis 1947 wur­den die Ak­ti­vi­tä­ten laut die­sem Ein­trag auf lo­se Zet­tel ge­schrie­ben und ge­sam­melt. Die sind aber bis heu­te lei­der ver­schwun­den.

Dass das an­ge­fan­gene Pro­to­koll­buch III bei der Macht­über­nah­me durch Hitler 1933 ver­nich­tet wur­de, hat­te wahr­schein­lich ei­nen wich­ti­gen Grund: Ka­tho­li­ken und ihre Or­ga­ni­sa­tio­nen wa­ren bei den Na­tio­nal­so­zia­lis­ten „nicht ge­sell­schafts­fähig“. Nun wur­den in den da­ma­li­gen Ver­samm­lun­gen auch häu­fig po­li­ti­sche Vor­trä­ge ab­ge­hal­ten, die an den Na­tio­nal­so­zia­lis­ten si­cher­lich kein gu­tes Haar lie­ßen.

Nur münd­liche Über­lie­fe­rung gibt et­was Aus­kunft da­rü­ber, was in die­ser Zeit ge­schah. Es gibt heu­te noch Kol­ping­brü­der, die 1949‑1950 als jun­ge Män­ner dem Ver­ein bei­ge­tre­ten sind und die „al­ten“ da­mals noch per­sön­lich ken­nen ge­lernt ha­ben.

Dem­nach muss­te der Ver­ein wei­test­ge­hend im Un­ter­grund ar­bei­ten. Das Kol­ping­haus („Con­cor­dia“) wur­de in die­ser Zeit, et­wa bis 1942, von 2 Da­men, die dem Ver­ein na­he stan­den, als ein­fache Knei­pe wei­ter­ge­führt. Ab 1942 wur­de dann das Lo­kal an den NSKK ver­mie­tet.

Dass der Ver­ein zu die­sem Pakt mit dem Teu­fel ge­zwun­gen wur­de, hat­te mit fi­nan­ziel­len Pro­ble­men zu tun. Der Ver­ein hat­te 1924 das Haus mit 0 (null) Mark Ei­gen­ka­pi­tal ge­kauft. Der Ver­ein war da­durch bald so hoch ver­schul­det, dass der Prä­ses, von Amts­we­gen der Pfar­rer, kurz da­vor stand, den Of­fen­ba­rungs­eid zu leis­ten. Die Braue­rei hat­te da­mals für die Schul­den ge­bürgt, na­tür­lich ge­paart an Gän­gel­ver­trä­ge, so wie üb­lich.

Beim Fort­schrei­ten des Krie­ges blie­ben aber bald die Kun­den aus. Die Leu­te hat­ten an­de­res zu tun, als in die Knei­pe zu ge­hen.

Die schrift­lich nach­voll­zieh­ba­ren Ak­ti­vi­tä­ten fan­gen erst wie­der mit dem Pro­to­koll­buch Nr. IV im No­vem­ber 1947 an.

In den fünf­zi­ger und sech­zi­ger Jah­ren ging es mit dem Ver­ein und dem Kol­ping­haus rasch wie­der auf­wärts. Bald war auch das Haus schul­den­frei und man kon­nte sich aus den Gän­gel­ver­trä­gen mit der Braue­rei lö­sen.

Es war die gro­ße Zeit, als die Kol­pings­fa­mi­lie mit ih­ren Kar­ne­vals­ver­an­stal­tun­gen in der gan­zen Stadt be­kannt wur­de. Es gab auch Kar­ne­vals­um­zü­ge. Spä­ter wuchs dies dem Ver­ein über den Kopf; die Kar­ne­vals­ver­an­stal­tun­gen wur­den da­nach von dem Kar­ne­vals­ver­ein Grün/Weiß, in dem füh­ren­de Kol­ping-Mit­glie­der mit­ge­macht ha­ben, wei­ter­ge­führt.

Die Kol­pings­fa­mi­lie kon­zen­trier­te sich mehr und mehr auf das Pro­gramm, wie wir es auch noch heu­te an­bie­ten. Es gab Frei­zeit­an­ge­bo­te, Wan­de­run­gen, Ta­ge­saus­flü­ge und vor al­lem in­te­res­san­te Vor­trä­ge über die ver­schie­den­sten The­men. Wich­ti­ge Gast­red­ner wur­den ein­ge­la­den.

His­to­risch in­te­res­sant war bei­spiels­wei­se 1961 ei­ne Rei­he von Vor­trä­gen (5 an der Zahl) von Dr. Hol­ter: „Auf­bau der Ato­me“. Es war eben die Zeit, wo die Ein­füh­rung der Kern­ener­gie in Deutsch­land dis­ku­tiert wur­de . . .

Mit dem Kol­ping­haus gab es ein Er­eig­nis mit Erd­be­ben­wir­kung.

Die Stadt Han­no­versch Mün­den hat­te in den sieb­zi­ger Jah­ren be­schlos­sen, die „Con­cor­dia“-Kreu­zung aus­zu­bau­en. Da­zu brauch­te sie das Grund­stück, wo­rauf das „Con­cor­dia“ stand, so­wie das Haus da­ne­ben (in Rich­tung Bahn­hof). Der Ver­ein be­kam von der Stadt ein gutes An­ge­bot für das An­we­sen, das schul­den­frei war. Die Kol­pings­fa­mi­lie hat da­von das heu­ti­ge Kol­ping­haus in der Zie­gel­stra­ße ge­kauft.

Jo­seph Le­moine, Ar­chi­var (2012)
Kol­pings­fa­mi­lie Hann. Mün­den

Mehr zu un­se­rer Ge­schich­te

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Die Pro­to­koll­bü­cher vom Ver­ein

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Das alte Kol­ping­haus (Con­cor­dia)

Un­ser ers­tes Ver­eins­haus, der Vor­läu­fer von dem jet­zi­gen Kol­ping­haus in Han­no­versch Mün­den spiel­te ei­ne sehr wich­ti­ge Rol­le in den ers­ten Jahr­zehn­ten von un­se­rem Ver­ein. Ei­nen Auf­satz über sei­ne Ge­schich­te finden Sie hier.

Un­se­re Ge­schich­te im his­to­rischen Hin­ter­grund

Die er­sten 30 Jah­re von un­se­rem Ver­ein spie­len sich in ei­ner Zeit ab, die für Deutsch­land und die gan­ze Welt schick­sal­haft wa­ren.

Wir er­ach­ten es da­rum auch für wich­tig, un­se­re Ge­schich­te auf die­sem his­to­risch­en Hin­ter­grund ab­zu­bil­den. Sie kön­nen hier auf weitere Auf­sät­ze zu­rück­grei­fen, wenn Sie auf den fol­gen­de Link kli­cken

Jo­seph Le­moine, Ar­chi­var (2012)

Kol­pings­fa­mi­lie Hann. Münden